Das brutale Leben einer Straßenkatze im Edinburgh des 19. Jahrhunderts
Vergiss alles, was du über Katzen zu wissen glaubst. Vergiss die flauschigen Wollknäuel auf Instagram, die sich auf beheizten Decken räkeln. Wir reisen jetzt zurück. Und ich sag euch: Diese Stadt war kein Ort für Weicheier auf vier Pfoten.
Wir reisen in die Gassen von Edinburgh, 1870. Ein Moloch aus Stein, Ruß und Elend. Dies ist die Welt von Aquila, der kratzbürstigen Heldin aus meinem Roman "Katzensprung". Und ihre Geschichte ist keine Fiktion. Sie basiert auf dem täglichen Überlebenskampf, den tausende von Straßenkatzen damals führten.
Kommt mit auf eine Reise in die Hölle.
Stellt euch das mal vor. Die Old Town platzte aus allen Nähten. Fast 200.000 Menschen drängten sich in viel zu engen, dunklen Gassen. Ganze Familien hausten in einem einzigen Raum, manchmal zusammen mit ihren Schweinen oder Hühnern. Platz für eine Katze? Ein Luxus, den sich kaum jemand leisten konnte. Du warst entweder nützlich oder du warst im Weg.
Aquilas Welt: Ein Albtraum für die Sinne
Was Aquilas Nase damals erdulden musste, ist ein Gestank, den wir uns heute nicht mehr vorstellen können. Es gab keine funktionierende Kanalisation in den Armenvierteln. Der Inhalt der Nachttöpfe landete direkt auf der Straße. "Gardyloo!" – ein Warnruf, bevor dir der ganze Unrat aus einem Nachttopf auf den Kopf klatschte. Dieser menschliche Abfall vermischte sich mit dem Blut aus den Schlachtereien, dem Mist der unzähligen Pferde und dem allgegenwärtigen Schlamm zu einer stinkenden, glitschigen Brühe. Das Nor' Loch, einst ein See, war zu dieser Zeit nichts weiter als die offene Kloake der ganzen Stadt. Willkommen zu Hause. 🤢
Der Lärm war ohrenbetäubend. Eisenbeschlagene Räder von Kutschen donnerten über unebenes Kopfsteinpflaster – eine ständige, tödliche Gefahr für jedes Lebewesen, das nicht schnell genug war. Dazu das Gebrüll der Händler, das Wiehern der Pferde, das Grunzen der Schweine, die direkt auf den Märkten abgestochen wurden.
Jeder Bissen ein Krieg
Nahrung war kein Geschenk, es war ein verdammter Krieg, den Aquila jeden Tag kämpfen musste. Die "fleshers", die Fleischer von Edinburgh, schlachteten offen auf der Straße. Ihre blutigen Abfälle waren eine verlockende, aber auch gefährliche Nahrungsquelle. Aquila musste sich gegen Ratten, Hunde und andere, verzweifelte Katzen durchsetzen, um ein paar zähe Sehnen oder Knorpel zu ergattern. Jeder Bissen war ein Risiko, eine Brutstätte für Krankheiten wie Typhus und Tuberkulose, die in der Stadt grassierten. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Edinburgh lag bei knapp 40 Jahren, doch selbst diese niedrige Zahl ist trügerisch. In den überfüllten, seuchengeplagten Slums der Old Town war es ein Sieg, überhaupt das Erwachsenenalter zu erreichen. Für eine Katze? Ihr Leben war wahrscheinlich nur ein paar kurze, harte Sommer lang.
Der Wert einer Katze: Null Komma Nichts
Und die Menschen? Eine Straßenkatze hatte den sozialen Status von... nun ja, von Dreck. Sie wurde bestenfalls als nützlicher Schädlingsbekämpfer geduldet. Das beste Beispiel dafür ist ein Job, der heute legendär ist: Die Post in London stellte schon 1868 offiziell Katzen als "Mouser" ein – ein bezahlter Job. Und bevor du fragst, wie zum Teufel man einer Katze ihren Lohn auszahlt: Gar nicht. Das Geld, anfangs ein Shilling pro Woche für drei Katzen zusammen, ging an einen menschlichen Vorgesetzten – einen Hausmeister, der davon Futter kaufen musste. Das Ganze war todernst: Die drei Stubentiger hatten eine sechsmonatige Probezeit und bekamen nach nachweislich guter Leistung sogar eine offizielle Gehaltserhöhung.
Aber wehe, eine Katze war krank, alt oder einfach nur im Weg und nicht mehr nützlich. Dann war sie Ungeziefer. Sie konnte von betrunkenen Studenten zum Spaß gejagt, von Kutschen überrollt oder von den berüchtigten Rattenfängern eingefangen und ertränkt werden. Erste Tierschutzgesetze gab es zwar, aber die schützten vor allem Nutztiere wie Pferde oder Kühe – also alles, was einen wirtschaftlichen Wert hatte. Eine namenlose Straßenkatze hatte keinen.
Während in den feinen Salons der New Town eine flauschige Perserkatze auf einem Seidenkissen lag und gelangweilt blinzelte, kämpfte draußen in den Closes und Wynds eine Katze ums nackte Überleben. Ihr Zuhause waren die feuchten, dunklen Gewölbe unter der South Bridge, ein Mauerspalt, ein Hinterhof voller Müll. Ihr Leben war ein ständiger Kampf um Territorium, Futter und die nächste sichere Nacht.
Und genau dieser unbändige Überlebenswille ist es, der Aquila, die kratzbürstige Heldin aus meinem Roman Katzensprung,zu einem so komplexen und unvergesslichen Charakter macht. Aber wie wurde sie zu der Katze, die sie ist? Wie hat sie ihr Revier erobert? Wie kam es zur ersten, schicksalhaften Begegnung mit den mutigen Frauen der "Edinburgh Seven"? Und welches Ereignis hat sie für immer gezeichnet?
Die ganze Vorgeschichte erzähle ich in der exklusiven Kurzgeschichte Schattenaugen. Wenn du den Mut hast, ihr in die dunkelsten Gassen ihres Lebens zu folgen, dann ist diese Geschichte mein Geschenk an dich.
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